Was der Franz mit dem Michel...

Vor genau einem Monat, am 28. Juni 2018, starb mit Christine Nöstlinger eine begnadete Kinderbuchautorinnen. Ihr Name ist gemeinsam zu nennen mit jenem von Käthe Recheis, Michael Ende oder Astrid Lindgren.

2003 hat die 1936 in Wien geborene Autorin Christine Nöstlinger den Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis gewonnen, den „Nobelpreis der Kinder- und Jugendbuch-Literatur“ - gemeinsam mit dem US-Amerikaner Maurice Sendac, dessen Roman „Wo die wilden Kerle wohnen“ man bei uns kennt. Das Genre Kinder- und Jugendliteratur entstand eigentlich erst in der Nachkriegszeit. Der Astrid-Lindgren-Gedächtnispteis wurde 2003 erstmals verliehen, Nöstlinger war bisher die einzige österreichische Preisträgerin.

Nöstlingers Kinderbüchern liegt eine ähnliche Pädagogik zugrunde, wie den Büchern  Lindgrens. Eine Pädagogik aus der Überzeugung: „Man kann in Kinder nichts hineinprügeln, aber vieles herausstreichen“, wie Lindgren es formulierte. Mit der schwedischen Journalistin und Autorin Lindgren wollte sich die ausgebildete Grafikerin aus Wien-Hernals trotzdem nicht vergleichen lassen: „Ich bin die Nöstlinger.“ 

Keine heile Welt

Während Lindgrens Geschichten in einer heilen Welt der Vergangenheit spielen, die immer auch ein wenig abenteuerlich erscheint, mutet Nöstlinger den jungen Lesern die Konfrontation auch mit mit dem unangenehmen Teil der Realität in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu: streitende oder geschiedene Eltern, der Verlust von Freunden, Mobbing, Angeberei und Lüge. 

Doch Nöstlingers Protagonisten wissen: „Mehr als zwei Mal pro Woche streiten hält die beste Freundschaft nicht aus.“ So finden Sie immer einen Weg aus der Misere, um den Preis vielleicht auch einmal lächelnd den anderen gewinnen zu lassen. Wenn die Figuren ihre Probleme humorvoll meistern, vermögen es diese aufmüpfigen Geschichten trotzdem recht gut, die Leser in ähnlicher Lebensrealität zu trösten.

Für große und kleine Leser

Christine Nöstlinger hat uns ein reiches Erbe hinterlassen. Über 150 Bücher sind es, darunter auch einige für Erwachsene, wie mein Favorit: „Die nie geschriebenen Briefe der Emma K.“ Ihre  kritischen Kommentare zu Gesellschaft und Politik der Gegenwart werden uns fehlen - zuletzt war es ihre viel beachtete Rede bei der Gedenkveranstaltung 2015 gegen Gewalt und Rassismus. 

Und wenn mir weh ums Herz wird, dann weiß ich, dass oben im mittlerweile verwaisten Kinderzimmer die Briefe von Dschi-Dsche-i, das Tagebuch von Susi, und die Geschichten von Franz jede Menge Trostversprechen. Danke!