Die Arbeit darf auch Spaß machen

Univ.-Prof. Dr. Georg Mathias Sprinzl, zuletzt stellvertretender Ärztlicher Leiter und geschäftsführender Oberarzt der Klinischen Abteilung für HNO-Erkrankungen, sowie Leiter des Implantationsprogramms für Hörsysteme an der Medizinischen Universität Innsbruck, wurde mit 1. Jänner zum Leiter der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung am Landesklinikum St. Pölten bestellt.

 

Anfang März treffe ich den frischgebackenen Primar zwischen zwei Operationen in seinem Büro. Bei einer Tasse Tee mit einem Schuss Zitronenkonzentrat – für ein umfangreiches Mittagessen bleibt dem vielbeschäftigten Mediziner selten Zeit – beantwortet er unsere Fragen.

 

Beruflich war Prof. Sprinzl bisher in Marburg/Hessen und an der Uniklinik in Innsbruck tätig, und wie die meisten Top-Chirurgen ist er auch als Vortragender und Gastchirurg international unterwegs. Aber „Vergangenen Herbst hatte ich die Gelegenheit in meiner Geburtsstadt Pressburg zu implantieren: Der dortige Primar Prof. Dr. Milan Profant hat mich eingeladen im Rahmen der EAONO (Kongress) eine Live-OP durchzuführen. Das war schön, das hat viel Spaß gemacht.“, schmunzelt er. Sich für die Stelle des Abteilungsvorstands der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung am Landesklinikum St. Pölten zu bewerben war er mehrfach motiviert: „Die HNO-Abteilung in St. Pölten ist die größte HNO-Abteilung in ganz Österreich und damit ein wunderbares Betätigungsfeld für jeden HNO-Chirurgen. Außerdem gibt es hier ein gut strukturiertes Hörimplantat-Programm, das von meinem Vorgänger Prof. Böheim übernommen werden konnte. Außerdem bin ich selbst ja in Pressburg geboren, die Gegend hier ist mir also nicht ganz unbekannt.“

 

Uns interessieren natürlich die Zukunftspläne des Primars und besonders jene Aussage bei einem Interview, in welcher er betont, dass er das Exzellenzmerkmal des Landesklinik als einzige HNO-Klinik in Niederösterreich, an der PatientInnen mit implantierbaren Hörsystemen versorgt werden, weiterentwickeln möchten. „Ausbauen möchte ich zur Zeit vor allem das Angebot für das knochenverankerte Hörimplantat.“ , verrät er dazu. Obwohl die Klinik St. Pölten schon unter der Leitung von Prim. Böheim an einer Studie zur Bonebridge beteiligt war, steckt das Projekt angesichts der kurzen Marktpräsenz des Implantattyps noch in den Kinderschuhen.

In St. Pölten wird auch seit längerem bei der Cochlea-Implantation gehörerhaltend operiert. In dieser Ausgabe der GehörtGelesen findet sich der Erfahrungsbericht von Fr. Föger, einer Innsbrucker EAS-Patientin Prof. Sprinzls, die mit ihrem DUET2 sehr zufrieden ist. Darauf angesprochen bestätigt der Mediziner, dass künftig natürlich auch in St. Pölten EAS als Option angeboten werden soll. „Ein Patient war auch schon hier zur Indikationsstellung und ist mittlerweile auch schon implantiert, bei dem die Hörsituation grenzwertig zum EAS war.“ Er vervollständigt: „Insgesamt sollen alle Patienten in Niederösterreich, die davon profitieren würden, mit einem Hörimplantat versorgt werden. Und es gibt seit Jahresbeginn bereits wieder viele Neuindikationen, was bedeutet, dass wir auch die OP-Frequenz erhöhen müssen.“

 

Prof. Sprinzl ergänzt aber gleich: „Ich bin auch der Holding sehr dankbar, dass sie dieses Programm unterstützen. Besonders Dr. Gamsjäger, der ärztliche Direktor der Holding, ist ein guter und kompetenter Partner bei der Weiterentwicklung des Projekts. Bei einem solchen Vorhaben entstehen ja auch Kosten, das ist ja kein Nullsummenspiel, und da bin ich sehr dankbar, dass er uns dabei so unterstützt.“

 

„Ich freue mich auch, dass auch MED-EL die Partnerschaft zu intensivieren bemüht ist. Wir haben da sehr gute Erfahrungen und ich freue mich auch in diesem Punkt auf die Zukunft. Vom technischen Standpunkt aus sind die Implantate von MED-EL ja sehr hoch und entsprechend meinen persönlichen Erfahrungen aus Innsbruck auch in der Zuverlässigkeit hoch und überzeugend. Ich bin sicher, bei den Entwicklungen auf dem Gebiet der Implantologie wird sich in der nächsten Zukunft viel tun und so wie ich das sehe, ist MED-EL da wirklich gut aufgestellt.“

 

Von manchen Änderungen an der Klinik sind die Patienten schon jetzt betroffen. So wurde ein neuer Ambulanztag für Hörimplantate eingeführt: Jeden Dienstag 9:30 bis 12:30 (mit Voranmeldung) nehmen die Kliniker sich bewusst Zeit für Neuvorstellungen. Die logopädische Nachbetreuung erfolgt an den anderen Tagen nach individueller Terminvereinbarung. Eine andere Neuerung, die Prof. Sprinzl spontan einfällt, betrifft die neuimplantierten CI-Patienten: „Die Erstanpassung der Sprachprozessoren erfolgt bei uns nun schon zwei Wochen nach der Operation.“ Wurde in Österreich bisher eher die These vertreten, dass postoperativ eine Wartezeit von mindestens vier Wochen einzuhalten sei, sieht Prof. Sprinzl in einer baldigen Erstanpassung den Vorteil, dass der Patient früher beginnen kann, Hörerfahrungen zu sammeln. Bisher habe man damit gute Erfahrungen gesammelt.

 

Auch zum CIA nimmt Prof. Sprinzl Stellung: „Die Kontakte der Klinik zur Selbsthilfegruppe möchten wir auf jeden Fall weiter pflegen. Ich hatte schon Gelegenheit, die Leiterin der hiesigen Gruppe, Frau Gertude Moser, kennen zu lernen und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit. Auch an meiner bisherigen Klinik in Innsbruck hatte ich Kontakte zur dortigen Selbsthilfegruppe und empfinde es immer als besonders bereichernd, solche Gruppen kennen zu lernen. Da wir voraussichtlich viele Patienten neu mit Hörimplantaten versorgen werden, hoffe ich natürlich auch, mit diesen Patienten zur Erweiterung der St. Pöltner Gruppe beizutragen.“

 

Nicht nur die vorherige Arbeit an der Universitätsklinik Innsbruck ist dem Primar mit seinem Vorgänger, Prof. Böheim, gemein. Ohne lange zu überlegen führt Prof. Sprinzl aus „Mit Prof. Böheim verbindet mich zu allererst einmal die Liebe zum Fach und die Tatsache, dass wir beide jeweils das gesamte Spektrum der HNO-Heilkunde abdecken können.“ Und wie es scheint, setzt auch er auf Teamgeist: „Ich finde es besonders schön, im Team aus St. Pölten zu arbeiten, freu mich aber auch, das Team durch zwei ehemalige Mitarbeiter aus Innsbruck, Fr. Dr. Astrid Maegele und Hr. Dr. Schnabl, erweitern zu können,“ zeigt sich der neue Chef in St. Pölten optimistisch.

 

Für die Zukunft hat er sich vorgenommen, den Schwerpunkt der HNO-Abteilung, die Otologie, gut abzubilden. Ziel soll es sein, die Patienten möglichst gut zu versorgen. „Ich wünsche mir viele zufriedene Patienten, aber auch zufriedene Mitarbeiter, denn wenn die Mannschaft bei der Arbeit glücklich ist, dann wirkt sich das auch auf die Patienten und deren Wohlergehen aus. Die Arbeit darf auch Spaß machen. Es macht viel Freude, hörbeeinträchtigte Menschen mit einem Hörimplantat zu versorgen, weil die Patienten viel zurückgeben. Es gibt immer auch weniger angenehme Aufgaben“ lenkt er ein, „aber es gibt viele Teile unserer Arbeit, die unheimlich schön sind. Und darauf freue ich mich.“

 

Wenn man lange in Tirol lebt, entwickele sich wohl immer die Liebe zu den Bergen. Der neue Wahlniederösterreicher blickt dennoch auch im privaten Bereich optimistisch in die Zukunft: „Die Landschaft in Niederösterreich ist ja auch recht reizvoll und ich selbst bin ja an der Donau aufgewachsen, die liegt mir sozusagen im Blut. Sehr schön ist aber auch die Wachau. Niederösterreich ist insgesamt gesehen ein tolles Kulturland – Kultur, Landschaft und Menschen hier zu erleben macht viel Spaß!“

 

Als der Primar zur nächsten Operation gerufen wird, betont er im Weggehen nochmals, dass er sehr froh sei, ein so gutes und intaktes Team an der HNO-Klinik zu übernehmen und auch der warmherzige Empfang hier habe ihm den Wechsel nach St. Pölten sehr erleichtert.

Autor: Eva Kohl,  © Gehört.Gelesen 2013

Mit freundlicher Genehmigung des CIA und der Redaktion der Gehört.Gelesen