Kirche auf Herbergssuche

Zu Pfingsten predigt Franz Richter in seiner Gemeinde im Kremser Dom der Wachau über die Notwendigkeit, dass „Kirche sich ihrer pfingstlichen Mission bewusst wird.“ Um dieser Mission gerecht werden zu können, braucht es auch die nötigen Gebäude.

Pfarrer Richter schreitet wenige Minuten vor Messbeginn festen Schritts vom Pfarrhof auf die Kirche zu, das Gebetbuch unter dem Arm geklemmt. Im grauen Anzug, mit offenem Hemdkragen und dunkelblauem Pullover verrät ein kleines Silberkreuz im Revers Richter als Gottesmann. Zwei Gottesdienste feiert der 57-Jährige jeden Sonntag mit den wöchentlich rund 450 Messbesuchern, einen weiteren zelebriert der Altpfarrer, der im Gemeindegebiet lebt.

Die Wurzeln

Ursprünglich stammt Franz Richter aus Petzenkirchen bei Wieselburg. Nach dem bischöflichen Knabenseminar in Melk besuchte er das Priesterseminar in St. Pölten. Als er nach einem Auslandsjahr in Strassburg und drei Jahren Kaplantätigkeit in Neulengbach im Wienerwald der Pfarre Krems als Kaplan zugewiesen wurde, wehrte er sich mit allen Mitteln: „Ich will in keine Stadt“.

Überraschung

Richter war Pfarrer in Steinakirchen und Weissenkirchen an der Donau, bevor er vor sieben Jahren als Pfarrer nach Krems kam. Anfangs war ihm noch nicht klar, dass ein Millionen-Projekt auf ihn warten würde, sonst hätte er vielleicht abgelehnt. Die Hallenkirche aus dem Frühbarock bedarf der Renovierung. „Es geht nicht darum, die Kirche zu behübschen“, erklärt der Geistliche. Vielmehr sei das Gebäude ein halbes Jahrhundert nach der letzten Renovierung schon an den verschiedensten Baumängeln erkrankt. Der Verfall muss verhindert werden. Zudem hätten Menschen emotionalen Bezug zu einzelnen Werken im Dom. Einzelne Gemeindemitglieder hätten sogar die 1800 Euro gespendet, die für die Renovierung jeweils einer Kreuzwegstation nötig gewesen wären.

Weitere Bauarbeiten

Neben den Bauarbeiten an der Kirche beschäftigte Richter auch die Instandsetzung des ehemalige Mesnerhaus.

Schon im Vorjahr hatte die Gemeinde einer neunköpfigen Familie aus Afghanistan spontan ein Notquartier geboten. Richter erinnert sich an die Hilfsbereitschaft seiner Gemeindemitglieder: „Da beginnt auf einmal eine Maschinerie zu arbeiten.“ Die Flüchtlingsfamilie haben mittlerweile ein anderes Zuhause gefunden.

Für das Mesnerhaus neben der Friedhofskirche habe man schon den Abbruch überlegt. „Das Haus hätte eine würdige Kulisse für Hinterholz Acht abgegeben“, beschreibt Richter den Bauzustand vor den Arbeiten. 2450 Arbeitsstunden machten daraus das ‚Haus des Willkommens‘. Nächste Woche sollen bis zu acht Flüchtlinge dort Unterkunft finden. Bei dem Projekt fanden Langzeitarbeitslose eine Beschäftigung. Die Kosten von 55 Tausend Euro wurden unter anderem durch Corwfunding gedeckt.

Zukunftsvisionen

Wenn er noch einmal wählen könnte, würde er lieber Kaplan bleiben als Pfarrer zu werden. Als Pfarrer blieben ihm gefühlte 30 Prozent Zeit für Seelsorge, der Rest sei für Verwaltung und Finanzen. Mit leuchtenden Augen erzählt er, wie er früher mit den Jugendlichen der Gemeinde sogar nach Frankreich gefahren sei. In eine andere Gemeinde zu wechseln und dort von vorne zu beginnen, kann er sich im Moment nicht vorstellen, bis zur Pension in dem Tempo weiter zu machen auch nicht. „Ich bin, wo ich bin und schauen wir ´mal, was auf mich zukommt.“

© Eva Kohl 2016