Das Herzstück des Wohnens

(c) pixabay.com
(c) pixabay.com

Wohnen, kochen, essen, schlafen - das waren für Architektin Margarete Schütte Lihotzky die Hauptfunktionen von Wohnraum.

Eine Küchenzeile zum Kaffee kochen und für den Notfall. Das Mittagessen kommt mit dem Speisenlift aus der Zentralküche des Mehrparteienhauses. Was wie eine Mischung aus Komune und Studentenwohnheim klingt, gehörte zum Konzept des Einküchenhauses. Das Einküchenhaus war die Idee der deutschen Frauenrechtlerin Lily Braun; eines stand ab 1923 in Wien in Rudolfsheim-Fünfhaus. Neben Gemeinschaftseinrichtungen sollten gemeinsame Dienstleistungsangebote - wie Kindergarten oder Putzservice - bürgerlichen Frauen eine Erwerbsarbeit ermöglichen, sowie Platz- und Wohnkosten senken.

Platznot zeichnete vor 100 Jahren die Wohnsituation vieler Städter. „Aus der Zeit kenne ich Wohnungs-Grundrisse, die sehen aus wie Legebatterien“, so Lilli Bauer, Kuratorin der Dauerausstellung „Das rote Wien“ im Karl-Marx-Hof. Die ersten Gemeindewohnungen Wiens ab 1923 muteten mit Wohnküche und Kabinett auf 35 Quadratmeter und mehr für Familien durchaus großzügig an.

Platz und Arbeit sparen

Auch in Deutschland boomte damals kommunaler Wohnbau. Für die winzigen Kochnischen dort entwarf die Wienerin Margarete Schütte-Lihotzky funktionale Einrichtung. Im „Kochlaboratorium“, wie sie es im Rückblick nannte, sollte man von einem Platz aus alle wichtigen Dinge erreichen und alle Arbeitsgänge durchführen können. Die ‚Frankfurter Küche‘ wurde damit zum Vorbild moderner Einbauküchen.

Schweden leistete seinen Beitrag mit Selbstbauküchen. Ingvar Kamprad belieferte per Versandhandel die Bauern in Småland mit Konsumgütern, 1947 nahm er Möbel in sein Sortiment auf. Er verschickte sie als Bausatz, um Montage- und Versandkosten zu sparen. Seit 1977 schrauben und nageln auch die Österreicher selbst an ihren Kästen.

Kochen wird zum Hobby

Selbst auf 130 Quadratmeter Wohnfläche genügt heute vielen eine kurze Küchenzeile, um nach dem Arbeitstag ein Fertigmenü zu wärmen. Der intelligente Kühlschrank schlägt einfache Rezepte vor, mit denen bald ablaufende Lebensmittel aufgebraucht werden können, und er bestellt selbständig nach was fehlt. Ernährung mit Fertiggerichten, die Hauptfunktionen von Wohnraum auf essen, schlafen und Entertainment reduziert - Kochen nur noch als Hobby.

Ein Hobby, das von manchen in geräumigen Wohnküchen gepflegt wird. Als „Kochinsel“ sind Arbeitsfläche und Küchengeräte neuerdings mittig im Raum platziert. Aus Schweden kommen Wohnideen für 15 Quadratmeter-Wohnungen - die Küche im Raum integriert - und neuerdings Möbel, die statt geschraubt nur noch zusammengesteckt werden.

(c) Eva Kohl 2018


Weitere Informationen:

Dauerausstellung im "Waschsalon" im Karl-Marx-Hof

Museum für Angewandte Kunst in Wien