Unkraut jäten riecht nach Vanille

Die ersten Sonnenstrahlen des Jahres erreichen durch die sich lichtende Wolkendecke die Erde, die Kraft des Frühlings schießt in die Erde und der Boden treibt unzählige grüne Spitzen. Wo im ausgegangenen Jahr noch Tomaten und Fisolen ihre letzten Früchte schenkten und das Weißkraut den Saum bildete, dort wuchern nun Portulak, Gänseblümchen und Klee.

Wenn ich sonntags in der Mittagssonne stehe, den Rücken gebeugt, dann hat die Gartensaison begonnen. Woche um Woche verbringe ich die karge Freizeit beim Jäten des Unkrauts. Die letzte freie Minute opfere ich, um in der Sommerhitze die dürre Erde zu tränken, zu erlösen von der Qual immer tiefer werdender Risse. Ich kaufe Dünger und gehe die Erdäpfel-Käfer zu klauben. Und irgendwann ist die Verzweiflung ob der fleckigen, zerfressenen und verlausten Geschöpfe so groß, dass ich auch Mykozide, Molluskizide und Pestizide besorge.

Morgens bade ich Schultern und Nacken in Sonnenöl, das nach Vanille, Kokos oder Nuss riecht. Abends falle ich mit Kreuzschmerzen ins Bett, unter den Fingernägeln noch den Matsch, den zu entfernen ich zu müde war. Zuletzt ernte ich für meine Mühe ein paar Zutaten, die ich in besserer Bio-Qualität im Geschäft für weniger Geld bekommen hätte.

Wieso? Weil ich anders keine Gelegenheit habe, den Duft der Sonne und den Geschmack der Erde mit dem Geruch der zwitschernden Vögel zu vereinen.