"Es geht um Aufmerksamkeit!"

Es ist etwa 35 Jahre her, dass ich die Druckerei im Missionshaus St. Gabriel besichtigte. Umso neugieriger war ich auf die Führung durch das Herold-Druckhaus in Wien. Vorstand Ing. Leopold Kurz gab uns KMA-Studenten einen Ausblick auf die personalisierte Zeitung von morgen.

Bis zu vier Tonnen Stahl, die gebündelt auf 80 Gramm A-Zellstoff einwirken - so entsteht eine Zeitung. 22 Kilometer Papier sind auf einer Rolle, je nach Zeitungsformat und Auflagenstärke sind etliche dieser Rollen pro Ausgabe nötig. Kurz hantiert als CEO der Druckerei täglich mit gewaltigen Zahlen. Umwelttechnisch sei der Papierverbrauch aber nicht das Thema. Der Energieverbrauch beim Druck belaste die Umwelt - besonders bei Hochglanz-Prospekten, die einen zusätzlichen, stromintensiven Trocknungsprozess durchlaufen.

Für die Herstellung von Papier werden Holzabfälle verwendet. Bei wiederkehrenden Zeitungsmeldungen stelle sich, so Kurz, die Frage: „Wieso schreiben die immer das Gleiche, das weiß die Zellfaser jetzt schon.“ Denn während beim Bio-Heizmaterial ‚Pellets‘ die Holzabfälle einmalig einer Verwertung zugeführt werden, wird Papier bis zu sieben Mal wiederaufbereitet.

Aus technologischer Sicht überwiegen Offset-Verfahren im Druck, kleinere Auflagen sind kostenintensiver. In Zukunft werde Tintenstrahl-Technologie den Zeitungsdruck erobern, mutmaßt Kurz. Kleine Auflagen zu wirtschaftlichen Preisen wären damit möglich, bis hin zu Einzelexemplaren. Der individualisierten Zeitung stünde drucktechnisch nichts mehr im Wege. Bei Werbeprospekten sei die Technologie in kleinem Umfang in den USA schon in Erprobung.

Angefangen von eingedruckten Adressen für den Zeitungsversand, über Werbungen abgestimmt auf das Konsumverhalten des individuellen Lesers, bis zu individuell zusammengestellten Zeitungsinhalten sei laut Kurz alles vorstellbar. Über Nutzerprofile vom Internet und von diversen Kundenkarten könnten die Zeitungen der Zukunft so optimiert werden, dass sie sicher das Interesse des jeweiligen Lesers wecken: „Es geht nicht mehr um Inhalte, es geht um Aufmerksamkeit."

Sollten die Zukunftsvisionen des Druckereifachmanns eintreten, müssen Konsumenten noch verantwortungsbewusster mit Medien umgehen. Gegen einen drohende Echo-Raum beugen wache Neugier und das Pflegen breiter Interessen vor.